<90> Diese Fehler zogen die Unglücksfälle nach sich, die am Ende des Feldzuges über ihn hereinbrachen.

Feldmarschall Daun folgte den Preußen, marschierte durch Löwenberg und Goldberg und lagerte sich auf den Höhen von Wahlstatt. Die Preußen standen in einer Niederung, mit dem rechten Flügel bei Liegnitz, die Katzbach im Rücken, und mit dem linken Flügel beim Dorfe Groß-Beckern. Aus diesem Gelände hatten sie alles zu fürchten, und ein unternehmender Feind hätte seinen Vorteil daraus gezogen. Das aber war Feldmarschall Daun nicht. An einem Nachmittag indes wollte der Prinz von Lothringen, vom Wein erhitzt und durch die Reden des Grafen Montazet1 aufgestachelt, etwas gegen die Preußen unternehmen. Er ließ acht bis zehn Grenadierbataillone mit Geschütz vorrücken und das Dorf Beckern angreifen2. Aber diese Abteilung war denn doch zu schwach gegen eine ganze Armee, und da sie auch keine Unterstützung erhielt, so wurde sie von den Truppen, die der Herzog von Bevern aus der Linie zur Unterstützung des Dorfes vorschickte, wieder zurückgetrieben, wobei sich besonders das Infanterieregiment Prinz von Preußen auszeichnete. Immerhin hatte der feindliche Vorstoß dem Herzog von Bevern deutlich gezeigt, daß seine Stellung übel, sein Lager schlecht gewählt und seine ganze Lage bedenklich war. In der Befürchtung, am folgenden Tage von stärkeren Kräften angegriffen zu werden, zog er sich noch in der Nacht über die Katzbach zurück und marschierte auf Parchwitz. Dort stieß er auf ein Korps von Kaiserlichen, das ihm den Übergang über die Katzbach streitig machte. Er schlug daher eine Brücke über die Oder, überschritt sie und zog auf dem rechten Ufer nach Breslau, wo er am 1. Oktober anlangte. Dann ging er auf der Stadtbrücke wieder über die Oder und verschanzte sich hinter dem kleinen Lohebach. Die Österreicher lagerten sich ihm gegenüber bei Lissa. Der Wiener Hof hatte bayrische und württembergische Truppen in Sold genommen und nach Schlesien geschickt. Sie stießen nun zu Nadasdys Reserve in der Gegend von Schweidnitz, das sie belagern sollten.

Inzwischen wollen wir die Schilderung des schlesischen Feldzuges für einen Augenblick unterbrechen, um dem König auf seinem Zuge gegen die Franzosen zu folgen. Der König marschierte zuerst nach Dresden. Von dort schickte er Seydlitz3 mit einem Husaren- und einem Dragonerregiment nach Leipzig zur Vertreibung Turpins, dessen leichteTruppen in der Gegend von Halle umherstreiften. Beim Anmarsch der Preußen zogen sich die Franzosen zurück, sodaß Seydlitz in jener Gegend nichts mehr zu tun hatte und zwischen Grimma und Rötha wieder zum König stieß. Von Rötha marschierten die Truppen auf Pegau. Dorthin hatte der Feind zwei kaiserliche Husarenregimenter, Szecheny und Esterhazy, detachiert. Pegau liegt am andern Ufer der


1 Französischer Brigadier und Militärbevollmächtigter im österreichischen Hauptquartier.

2 Kanonade von Barschdorf, 26. September 1757.

3 Friedrich Wilhelm von Seydlitz, seit 20. Juni 1757 Generalmajor.